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AUF DER SUCHE NACH UNBERÜHRTER WILDNIS: EIN GESPRÄCH MIT EVA ZU BECK

AUF DER SUCHE NACH UNBERÜHRTER WILDNIS: EIN GESPRÄCH MIT EVA ZU BECK

- 2025-06-21

Eva Zu Beck, die bekannte Reisende und Geschichtenerzählerin, sorgt mit ihren neuesten Abenteuern weiterhin für Aufsehen. Ihre Leidenschaft, wenig begangene Wege zu erkunden und dabei echte, unverfälschte Erlebnisse zu teilen, hat ihr weltweit eine große Fangemeinde eingebracht. Kürzlich haben wir mit Eva gesprochen über ihre aktuellen Reisen, beeindruckenden Meilensteine und das Leben einer echten modernen Entdeckerin.

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© Eva Zu Beck

Was unterscheidet Deine National Geographic-Serie „Superskilled“ von anderen Formaten?

Im Kern geht es bei Superskilled darum, wieder mit dem unglaublichen Potenzial in Verbindung zu treten, das tief in unserer menschlichen DNA verankert ist. Es geht darum zu erkennen, dass auch wir zu außergewöhnlichen Dingen fähig sind und dieses Potenzial zu nutzen, um gesünder, glücklicher und vielleicht ein bisschen wilder zu leben. Um das zu zeigen, wollten wir einige der beeindruckenden Fähigkeiten erlernen, die in verschiedenen Gemeinschaften auf der ganzen Welt bis heute gelebt und weitergegeben werden. So konnten wir ihren traditionellen Fertigkeiten und Lebensweisen Respekt zollen. Mehr als alles andere wünsche ich mir, dass Superskilled Menschen dazu inspiriert, gesünder, glücklicher und wilder zu leben.

Ein weiteres persönliches Ziel war es, als Frau eine Abenteuersendung zu moderieren und zu leiten in einem Medienbereich, der bisher stark von männlichen Hosts geprägt ist. Ich finde, es sollte mehr Raum für weibliche Vorbilder in diesem Bereich geben, und ich freue mich, Teil dieses Wandels zu sein.

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© Eva Zu Beck

Dein Großvater liebte das Reisen. Kommt daher Deine Abenteuerlust?

In vielerlei Hinsicht: ja. Mein Großvater hat die Welt erkundet zu einer Zeit, in der diese Art von Freiheit alles andere als selbstverständlich war. Er verließ das kommunistische Polen mit einem Koffer voller Tauschwaren, nur um zu sehen, wie das Leben jenseits des Eisernen Vorhangs aussah. Jede Reise hat er in wunderschönen Chroniken festgehalten, handgeschrieben oder mit der Schreibmaschine getippt, voller Details, Gedanken und kleiner Momente, die jede Reise unvergesslich machten.

Ich bin mit diesen Seiten aufgewachsen für mich waren sie wie Schatzkarten. Nach seinem Tod wurden sie zu meiner Verbindung zu ihm. Vor ein paar Jahren habe ich eine Notiz gefunden, die er während einer Reise durch Tansania geschrieben hatte. Darin schrieb er, dass ihn Entfernungen nicht mehr beeindruckten und Unannehmlichkeiten ihn nicht mehr störten. Er sprach davon, langsam und einfach zu reisen und davon, die Straße mit all ihren Facetten lieben zu lernen. Dieser Satz ist bei mir geblieben. Also ja, vielleicht hat er den Samen gepflanzt. Aber meine eigene Abenteuerlust hat wirklich Wurzeln geschlagen, als mir klar wurde, dass ich dem vorgezeichneten Weg nicht folgen konnte. Ich musste meinen eigenen finden und das Reisen wurde zu meinem Weg dorthin.


© Eva Zu Beck

Du bist eine erfolgreiche Content Creatorin, warum reist Du trotzdem mit einem alten Defender?

Für hoffnungslose Romantiker:innen, die ihrem Herzen folgen und bei alten Autos, historischen Häusern oder Entscheidungen landen, die wenig Sinn ergeben, liegt der Reiz im Unvollkommenen – im Abgenutzten. Im Bewährten. Klar, ein nagelneues Auto wäre einfacher gewesen. Reibungsloser. Bequemer. Aber „einfach“ reicht nicht immer.

Odyssey, mein Defender, ist unbequem, laut und manchmal wirklich anstrengend zu fahren. Ich erinnere mich, wie ich nach Monaten in Odyssey in ein neues Auto gestiegen bin und dachte, etwas sei kaputt, weil sich die Gänge zu weich anfühlten. Dabei war das nur: modern. Aber jedes Mal, wenn ich einsteige, muss ich lächeln. Sie ist robust. Einfach. Unverwüstlich. Eine Erinnerung daran, dass das Leben nicht perfekt sein muss, um bedeutungsvoll zu sein. Die Schönheit liegt nicht im Glanz, sondern darin, dass sie einfach weitermacht, egal, was kommt.

© Eva Zu Beck

Hat die Dieselheizung Deine Winter-Abenteuer verändert?

Absolut, hundert Prozent. Bevor ich eine hatte, waren Winternächte einfach nur hart. Ich bin aufgewacht mit eingefrorenen Wasserflaschen, tropfender Kondensation vom Dach und dieser Kälte, die sich tief in die Knochen setzt und einfach nicht mehr loslässt.

Und jetzt? Jetzt kann ich durchschlafen. Ich wache warm auf, kann mir Kaffee machen, ohne zu zittern und den Winter sogar genießen, statt ihn nur zu überstehen. Die Heizung macht aus dem Truck zwar kein Luxus-Hotel, aber sie macht Winter-Overlanding nicht nur machbar, sondern ehrlich gesagt ziemlich magisch.

​© Eva Zu Beck

Du hast Wyoming den einsamsten Bundesstaat der USA genannt, weil er am dünnsten besiedelt ist. Genießt Du es, an Orten ohne Menschen zu sein?

Ja, absolut. Ich glaube, das war schon immer so. Es gibt etwas in dieser Weite, in der Stille, in dem Gefühl, wie sich die Welt ausdehnt, wenn niemand sonst da ist. Während des Alaska-Abschnitts von Expedition Wild bin ich über 8.000 Km durch einige der abgelegensten Wildnisgebiete gefahren, die ich je gesehen habe. Kein Empfang. Keine Menschen. Nur eine endlose Straße und eine Stille, die tief in Dir ankommt. Diese Art von Einsamkeit ist für mich Freiheit. Aber Einsamkeit ist nicht dasselbe wie Alleinsein. Ich habe es in der Arktis gespürt, als ich meinen Schlitten über 480 Km gefrorene Landschaft zog. Die Erschöpfung. Die Kälte. Das Gewicht hat mich zurückgehalten. Und trotzdem gab es keinen anderen Ort, an dem ich lieber gewesen wäre. Wenn alles um Dich herum verschwindet und nichts mehr übrigbleibt, das Dich ablenkt, hörst Du auf zu denken und fängst an zu fühlen. Genau dann erinnerst Du Dich daran, was es heißt, wirklich lebendig zu sein.

Für mich sind Orte wie Alaska, die Mongolei oder die Arktis nicht leer. Sie sind voller Leben. Wildes, ungezähmtes, ehrliches Leben. Und wenn ich dort draußen bin, fühle ich mich nicht getrennt davon, ich fühle mich, als würde ich dazugehören.

© Eva Zu Beck

Was war die körperlich herausforderndste Erfahrung, die Du je gemacht hast?

Ganz klar: das Lapland Arctic Ultra. Dreihundert Meilen. Fünfhundert Kilometer. Zehn Tage lang einen schweren Schlitten durch Schnee und Eis ziehen mit allem, was ich zum Überleben brauchte. Es war brutal. Die Kälte kroch mir in die Knochen. Schlafmangel machte mich schwach und langsam. Schienbeinschmerzen jagten bei jedem Schritt wie Stromstöße durch meine Beine. Es gab Momente, in denen ich in den stillen Wald geschrien habe in der Hoffnung, dass der Schmerz irgendwie nachlässt.

Aber das Schwierigste war nicht das Körperliche. Es war der Kampf im Kopf. Die ständigen Zweifel. Die Stimme, die flüsterte: Du gehörst nichthierher. Die Erschöpfung war so tief, dass ich mich irgendwann nicht mal mehr daran erinnern konnte, warum ich das überhaupt mache. Und trotzdem bin ich weitergegangen. Weil es irgendwann keine Rolle mehr spielt, warum. Dann zählt nur noch der nächste Schritt. Und dann der nächste. Und der nächste. Dieses Rennen zu beenden war das Härteste, was ich je geschafft habe. Eine Doku-Serie über dieses Erlebnis findest Du jetzt auf meinem YouTube-Kanal.

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© Eva Zu Beck

Hältst Du Dich unterwegs an ein Fitnessprogramm?

Ich will ehrlich sein: Es ist schwer. Es ist leicht, das Training schleifen zu lassen, wenn man ständig unterwegs ist mit unvorhersehbarem Wetter, langen Fahrtagen oder einfach der Erschöpfung, die das Expeditionsleben mit sich bringt. Aber ich habe gelernt: Konsistenz muss nicht Perfektion bedeuten. Ich habe nicht immer Zugang zu einem Fitnessstudio oder idealen Laufstrecken also nutze ich das, was da ist: Laufen auf Schotterpisten, Krafttraining mitten im Nirgendwo. Manchmal bedeutet das, schnell noch eine Session einzuschieben, bevor ich das Camp abbaue oder statt eines strukturierten Workouts einfach eine lange Wanderung zu machen.

Der Schlüssel ist, das Training als Teil des Lebens zu sehen nicht als etwas Getrenntes davon. Wenn ich mich auf ein großes Rennen vorbereite, baue ich meine Tage rund um Bewegung auf. Ich priorisiere das genauso wie Essen oder Schlaf. Und wenn mal nichts nach Plan läuft, erinnere ich mich daran: Auch ein kleiner Einsatz ist besser als gar keiner.

© Eva Zu Beck​

Welchen Rat hast Du für alle, die ein normales Fahrzeug kaufen und es in ein Zuhause verwandeln wollen?

Der beste Tipp, den ich geben kann: Halte es einfach. Als ich in Odyssey eingezogen bin, dachte ich, ich brauche all das schicke Equipment extra Stauraum, Gadgets, clevere kleine Umbauten. Aber mit der Zeit habe ich gemerkt: Die beste Ausstattung ist die, die das Leben leichter macht nicht komplizierter. Wirklich wichtig sind ein gemütliches Bett, eine zuverlässige Stromquelle und eine Möglichkeit, warm zu bleiben, wenn Du in kalten Regionen unterwegs bist. Alles darüber hinaus sollte zu Deinem persönlichen Reisestil passen. Manche stehen auf große Küchen, andere legen Wert auf Stauraum. Ich habe mein Setup bewusst minimalistisch gehalten, ich wollte Platz zum Atmen und Bewegen. Und: Übertreib es nicht mit dem Ausbau. Lass Raum für Spontaneität!

© Eva Zu Beck

In Deinem Wonderland Trail Video versuchst Du, 150 bergige Kilometer in drei Tagen zu laufen merkst aber, dass Dir das Essen ausgeht und Deine Energie nicht da ist, wo sie sein sollte. Wie schwer war es, abzubrechen?

Lange Zeit dachte ich, aufgeben heißt scheitern. Was, wenn ich einfach härter durchziehe? Ich könnte doch alles schaffen. Aber je mehr Herausforderungen ich annehme, desto mehr wird mir klar: Zu wissen, wann man aufhört, ist genauso wichtig wie zu wissen, wann man weitermacht.

Der Wonderland Trail war hart, aber machbar. Bis er es nicht mehr war. Ich war zu langsam unterwegs, hatte kaum noch Essen und fühlte mich schwächer, als ich sollte. Als ich auf die nächsten zwei Tage geblickt habe, hatte ich eine Entscheidung zu treffen: Weitermachen nur um es zu beenden? Oder auf meinen Körper hören und umdrehen, bevor es richtig kritisch wird?

Vor ein paar Jahren hätte mein Ego das nicht zugelassen. Ich hätte mich gezwungen weiterzugehen, um mir irgendwas zu beweisen. Aber Stärke bedeutet nicht nur, durchzuziehen. Es bedeutet auch, zu wissen, wann es Zeit ist, einen Schritt zurückzumachen. Der Wonderland Trail hat mir gezeigt: Manchmal ist die schwerste Entscheidung die richtige. Manchmal liegt die Lektion genau darin, zu wissen, wann man gehen sollte.

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© Eva Zu Beck

Hat eine Reise Dich zu dem Menschen gemacht, der Du heute bist, oder sind alle nur Schritte auf dem Weg?

Als ich aufbrach, um die Welt zu bereisen, dachte ich, dass ich irgendwann, nach genug Kilometern und Erlebnissen, zu einer endgültigen Version meiner selbst kommen würde. Es würde einen Moment geben, in dem alles klar wird, und ich würde endlich wissen, wer ich bin. Aber egal, ob ich jahrelang in Odyssey lebte, 100 oder 500 Kilometer lief oder einige der höchsten Berge der Welt bestieg, dieser Moment kam nie. Früher dachte ich, dass eine Reise, die eine sein würde, die mich prägt. Aber im Rückblick sehe ich, dass es nie um eine einzelne Erfahrung ging. Es ging immer um die Sammlung dieser Erlebnisse.

Eustace Conway sagte einmal, dass er den Appalachian Trail nicht gegangen ist, um sich selbst zu finden, sondern um mehr von sich selbst zu finden. Das war auch meine Erfahrung. Statt nach einer endgültigen Version von mir zu suchen, habe ich begonnen, Stücke zu sammeln. Einige kamen durch Herausforderungen, andere durch Menschen, die ich getroffen habe, und einige aus stillen Momenten, von denen ich nicht erwartet hätte, dass sie eine Bedeutung haben, aber sie hatten es.

Das hat die Reise auf die bestmögliche Weise endlos gemacht. Es ist keine gerade Linie mit einem Anfang und einem Ende, sondern ein offener Raum, durch den ich mich in jede Richtung bewegen kann.

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